Das Datenschutzrecht betrifft praktisch alle Unternehmensbereiche, aber absolute Klarheit darüber, wie die bestehenden Regelungen jeweils umgesetzt werden sollen, besteht auch heute noch längst nicht überall. Dies wird selten offensichtlicher als bei der Frage, wie freie Mitarbeiter im Sinne des Datenschutzrechtes zu behandeln sind. Die Frage, die hierbei zu beantworten ist, bildet ein gewisses Spannungsverhältnis zum Arbeitsrecht: Wer trägt die Verantwortung für die Verarbeitungsprozesse?
Freier Mitarbeiter müssen bekanntlich gewisse Freiheiten haben, die ihnen Gestaltungsspielraum in ihrer Tätigkeit erlauben. Dies unterscheidet sie schließlich vom klassischen Angestellten. Und diese Freiheit sollte auch stets Priorität haben, denn sonst rutscht man schnell in die sog. Scheinselbstständigkeit – hier drohen unter Anderem für Unternehmen hohe Steuernachzahlungen. Die Freiheit des Mitarbeiters zur selbstständigen Arbeit ist also in jedem Fall zu wahren.
Andererseits wird es aber kaum im Interesse des Mitarbeiters liegen, dass diese Eigenverantwortlichkeit sich auch auf die gesamte Handhabe des Datenschutzes erstreckt. Dies würde bedeuten, dass er selbst verantwortlich ist für die gesamte Dokumentation und Absicherung der Prozesse, Bereitstellung von Informationen an Betroffene u.v.m. – freie Mitarbeiter brauchen hier regelmäßig die Rückendeckung durch ihre Unternehmen.
Auch das Unternehmen selbst hat häufig ein Interesse daran, diese Verantwortlichkeit bei sich selbst zu belassen, nicht nur wegen Compliance und Schutz von Geschäftsgeheimnissen: Sie wollen ihre freien Mitarbeiter entlasten und ihnen die attraktive, freie Tätigkeit ermöglichen, die sie sich wünschen, ohne sie gleichzeitig mit Pflichten zu erschlagen.
Grundsätzlich darf man davon ausgehen, dass es möglich sein sollte, diesen beiden augenscheinlich gegenläufigen Konzepten gerecht zu werden, denn die Rechtsfigur der freien Mitarbeit im deutschen Recht ist unabhängig zu betrachten von der europarichtlichen Bewertung, ob die Verarbeitungsprozesse eines Mitarbeiters gem. Art. 29 DSGVO dem Unternehmen als Verantwortlichen zugerechnet werden können. Die Ausgestaltung kann im Detail aber schnell zur Gratwanderung werden, denn dass diese Regelungen zumindest auf den ersten Blick widersprüchlich sind, ist offensichtlich.
Da kommt es einem zugute, dass die arbeitsrechtliche Betrachtung eine sog. wertende Gesamtschau vornimmt, die alle Aspekte der Arbeitsausgestaltung berücksichtigt. Das Bundesarbeitsgericht hat hier mit der Zeit eine Reihe von Kriterien herausgearbeitet, anhand derer die Abgrenzung zwischen freier Mitarbeit und dem Angestelltenverhältnis vorgenommen wird:
- örtliche Weisungsgebundenheit
- zeitliche Weisungsgebundenheit
- fachliche Weisungsgebundenheit
- organisatorische Abhängigkeit
- Leistungserbringung in eigener Person oder Möglichkeit zur Einbeziehung Dritter
- Verpflichtung zur Auftragsannahme
- Auftreten am Markt
- usw.
Dank dieser Gesamtbetrachtung bleibt es einem Unternehmen grundsätzlich möglich, freie Mitarbeiter zu beschäftigen, aber weiterhin selbst verantwortlich für die Verarbeitungsprozesse zu sein, welche die Mitarbeiter vornehmen. Aber um diesen Spagat erfolgreich zu absolvieren sollte in jedem Fall mit Bedacht und juristischem Beistand gearbeitet werden. Die Verarbeitungsprozesse sollten klar reglementiert sein, aber die gestalterischen Freiheiten auf der anderen Seite klar ausdefiniert werden – klare schriftliche Richtlinien und Verträge und Disziplin in der praktischen Umsetzung sind hier ein Muss.
Letztlich lohnt es sich aber, besonders in solchen Unternehmen, die bspw. ihre Vertriebsstrukturen auf der freien Mitarbeit aufgebaut haben. Denn nur, wenn die Gegebenheiten attraktiv sind, kommen die freien Mitarbeiter – und bleiben auch.